Briefwahl im Verein – eine ausführliche Anleitung
Noch bis 31. August erlaubt der Staat wegen der Corona-Pandemie Vereinen, Entscheidungen ihrer Mitglieder schriftlich oder online einzuholen. Auch dann, wenn dies nicht in der Satzung steht. Mitgliederversammlungen können als Videokonferenz stattfinden. Vorstände können – wie wir dies schon lange von politischen Wahlen kennen – per Brief gewählt werden.
Diese Ausnahmen müssen keine Ausnahmen bleiben. Denn sie bieten Vorteile. So können auch Mitglieder mitwirken, die an einem persönlichen Erscheinen bei der Generalversammlung oder einer Gremiensitzung verhindert wären. Dazu müssen diese Möglichkeiten allerdings in der Vereinssatzung verankert werden.
Neben dem Austausch im Web erscheinen gerade schriftlich herbeigeführte Entscheidungen attraktiv. Denn auch wer im privaten Umfeld die nicht über die technischen Voraussetzungen für Videokonferenzen verfügt, kann sich an der Willensbildung beteiligen. Abgekürzt spricht man dabei von „Briefwahl“. Gemeint sind aber nicht nur Wahlen für Ehrenämter im Verein, sondern alle schriftlichen Abstimmungen.
Für dieses Verfahren sind freilich einige wichtige Bedingungen zu berücksichtigen. Darauf weist jetzt die „Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ auf ihrer Homepage hin.
Vor der Wahl
Aus der Mitgliederliste wird ein Wählerverzeichnis erstellt, in dem jedes wahlberechtigte Mitglied aufgeführt ist. Jedes Mitglied erhält eine eigene Nummer, mit der es eindeutig identifiziert werden kann.
Dabei gilt es zu beachten: Sofern die Satzung keine besondere Regelung zur Wahlberechtigung trifft, sind alle Mitglieder wahlberechtigt. Das gilt dann auch für die minderjährigen. Die Stimmabgabe erfolgt dann durch die gesetzlichen Vertreter, es sei denn die Satzung gibt den minderjährigen Mitgliedern ein eigenes Stimmrecht.
Es muss ein Wahlausschuss benannt werden. Er führt die Wahl durch und nimmt die Auszählung der Stimmen vor. Dem Wahlausschuss können auch Vorstandsmitglieder angehören, wenn sie nicht selbst zur Wahl stehen. Bei Personenwahlen empfiehlt sich ein Ausschuss aus einem Wahlleiter und zwei Wahlhelfern.
Im Wahlausschuss können auch all die nicht mitwirken, die von der zu treffenden Entscheidung selbst betroffen sind. Wenn etwa über Aufwandsentschädigungen abgestimmt wird, können die nicht mitstimmen, die sie erhalten sollen.
Es muss eine Frist festgelegt werden, bis zu der die Wahlbriefe zurückzusenden sind. Entweder ist eine solche Frist in der Satzung enthalten oder sie muss vom Wahlausschuss bestimmt werden. Den Wählern ist ein konkretes Datum zu nennen. Für die fristgerechte Rücksendung sollte das Datum des Poststempels entscheidend sein. Die Frist sollte nicht zu lang bemessen sein. Die Stiftung hält in ihrer Empfehlung acht Werktage für „meist ausreichend“.
Die Briefwahlunterlagen
Die Unterlagen, die für die schriftliche Abstimmung verschickt werden, müssen umfassen:
1. Ein Anschreiben an die Mitglieder, in dem der Gegenstand der schriftlichen Abstimmung genannt ist und der Ablauf der Briefwahl erklärt wird.
2. Ein Stimmzettel, auf dem muss der zur Wahl stehende Beschluss eindeutig bezeichnet sein.
3. Ein Umschlag für den Stimmzettel
4. Ein Wahlschein, der die Anschrift des Mitglieds, die Wählernummer, die Rücksendefrist und ein Unterschriftsfeld enthält
5. Ein – idealer Weise freigemachter – Umschlag für den Rückversand mit Anschrift (Wahlbrief)
6. Ein Versandkuvert mit der Adresse des Mitglieds
Um eindeutige Ergebnisse zu erzielen, empfiehlt es sich, Stimmzettel mit Kästchen zum Ankreuzen herzustellen. Die Wähler können dann einzelnen Anträgen zustimmen, ablehnen oder sich der Stimme enthalten.
Für die Eindeutigkeit des Ergebnisses ist ferner maßgeblich, dass der Text der abzustimmenden Beschlussvorlagen eindeutig ist. Die Stiftung nennt als Regel: Man darf den Text nicht missverstehen können, selbst wenn man ihn missverstehen will!
Die Unterlagen 1 bis 5 werden im Versandkuvert per Post verschickt. Bei nicht geheimer Wahl können die Wahlunterlagen den Mitgliedern auch per E-Mail zugesandt werden.
Die Auszählung
Wenn die Wahlbriefe zurückkommen, müssen sie bis zum Ablauf der Frist für die Abstimmung ungeöffnet an einem sicheren Ort aufbewahrt werden, zum Beispiel in einem abschließbaren Schrank. Briefe, die nach Ablauf der Frist eintreffen, sind nicht zur Abstimmung zugelassen.
Nach Ablauf der Frist zählt der Wahlausschuss die Briefe und öffnet sie. Die Wählernummern auf den Wahlscheinen werden im Wählerverzeichnis als eingegangen markiert. Dies ist gerade dann notwendig, wenn die Satzung für einzelne Abstimmungsergebnisse qualifizierte Mehrheiten fordert – zum Beispiel 2/3 oder 75 Prozent der anwesenden Mitglieder. Mit der namentlichen Erfassung kann außerdem im Zweifelsfall nachgewiesen werden, dass alle Stimmzettel berücksichtigt wurden.
Der Wahlausschuss prüft, ob die Wahlscheine richtig ausgefüllt sind. Fehlt eine Unterschrift oder sind die Angaben falsch, wird der Stimmzettelumschlag ungeöffnet zur Seite gelegt. Alle anderen Stimmzettelumschläge sind für die Wahl zugelassen.
Nur die zugelassenen Stimmzettelumschläge öffnet der Wahlausschuss und zählt die Stimmzettel aus. Dabei achtet er auch darauf, ob Stimmzettel ungültig sind (weil etwa mehrere Kästchen gleichzeitig angekreuzt sind). Leere Stimmzettelumschläge gelten als ungültige Stimmen. Ebenso machen Zusätze und Anmerkungen (und seien sie noch so gering) oder Auslegungsbedarf die jeweiligen Stimmabgaben ungültig.
Das Ergebnis der Auszählung wird protokolliert: Dabei entspricht die Zahl der zugelassenen Wahlbriefe – die ausgezählten Stimmzettel – der Anzahl der anwesenden Mitglieder bei einer Mitgliederversammlung und wird im Protokoll genannt. Die Wahlergebnisse werden wie gewohnt nach Ja-Stimmen, Nein-Stimmen, Enthaltungen und ungültigen Stimmabgaben protokolliert.
Die Ergebnisse der Abstimmung werden in geeigneter Form allen Mitgliedern bekannt gegeben. Wie dies geschieht, kann in der Satzung festgelegt sein.
Bei geheimen Wahlen ist es sinnvoll, die Stimmzettel – gegebenenfalls bis nach Ablauf einer Einspruchsfrist – zu vernichten.
Und elektronisch?
Solange eine Abstimmung nicht geheim ist, kann die Stimmabgabe auch per E-Mail an den Verein erfolgen. Allerdings ist auch hier auf die Eindeutigkeit des Votums zu achten. Wichtig ist ferner, dass das Abstimmungsverhalten und das Ergebnis dokumentiert werden kann.
Die derzeitigen Ausnahmeregeln erlauben, die Arten der Stimmabgaben zu kombinieren: also z.B. in Präsenz plus schriftlich oder in einer Mitgliederversammlung plus angeschlossener Videokonferenz. Auch in einer Satzung können solche „hybriden“ Formen festgelegt werden.
Es gibt darüber hinaus Computerprogramme, die eine elektronische Abstimmung oder Wahl am heimischen Bildschirm noch während der Mitgliederversammlung ermöglichen. Hierdurch wird der Vorgang wesentlich beschleunigt und das Ergebnis steht bereits nach wenigen Minuten fest. Allerdings verfügen derzeit kaum alle Vereinsmitglieder über die elektronische Hard- und Software, die für solche Abstimmung notwendig sind. Für die Gültigkeit der Abstimmung ist allerdings Voraussetzung, dass prinzipiell alle Stimmberechtigten an ihr teilnehmen können. Außerdem haben die Abstimmungsprogramme auch ihren Preis, so dass sie für viele Vereine aus Kostengründen nicht in Frage kommen.
Auf der Homepage www.deutsche-stiftung-engagement-und-ehrenamt.de finden sich auch Hinweise und Tipps zu anderen praktischen Themen aus Vereinsleben und Ehrenamt.